9.9.: Internationaler Tag des alkoholgeschädigten Kindes

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Am 9.9.1999 um 9:09 Uhr wurde erstmals der Tag des alkoholgeschädigten Kindes festgelegt, der seither in vielen Ländern weltweit begangen wird. Der Zeitpunkt wurde bewusst gewählt - soll er doch an die 9 Monate einer Schwangerschaft erinnern.

Unsere Gesellschaft toleriert Schadstoffe, die in Form von „Genussmitteln“ konsumiert werden. Viele davon gefährden leider auch die Gesundheit eines ungeborenen Kindes, wenn sie während der Schwangerschaft eingenommen werden. Allen voran nimmt Alkohol dabei eine führende Rolle ein, denn seine giftigen Inhaltsstoffe können sowohl körperliche als auch geistige Beeinträchtigungen beim werdenden Kind hervorrufen. Leider wird diese schädigende Wirkung im Allgemeinen unterschätzt und verharmlost, denn nicht nur große Mengen Alkohol schädigen, sondern selbst beim normalen gesellschaftlichen Trinken kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Entwicklung des Kindes in Mitleidenschaft gezogen wird. Niemals würde ein verantwortungsbewusster Mensch einem Säugling Alkohol zum Trinken geben – Ungeborene werden ihm aber bei jedem Glas ausgesetzt, denn das Kind "trinkt" mit. Alkohol gelangt ungefiltert über die Plazenta in den Blutkreislauf des Kindes. Um den Alkohol im Blut abbauen zu können, werden bestimmte Enzyme benötigt, die jedoch beim werdenden Kind noch nicht vorhanden sind.

Alle Formen dieser pränatalen Schädigungen werden unter dem Begriff FASD (Fetal Alcohol Spectrum Disorder) zusammengefasst. Rund zwei von hundert Neugeborenen kommen in Europa auf Grund des Alkoholkonsums ihrer Mutter während der Schwangerschaft mit dem Vollbild des Fetalen Alkohol Syndroms zur Welt. Die Dunkelziffer liegt jedoch deutlich höher, da viele Beeinträchtigungen und Auffälligkeiten erst später als FASD diagnostiziert werden. Diese vorgeburtlich erworbenen Behinderungen wären zur Gänze zu verhindern, wenn während der Schwangerschaft auf jeglichen Genuss von Alkohol verzichtet werden würde. Zu diesen alkoholassoziierten dauerhaften Beeinträchtigungen und Behinderungen für das heranwachsende Kind zählen: Frühgeburten, Entzugssyndrome beim Neugeborenen, Schädigung des Zentralnervensystems, Defizite im kognitiven, sensitiven und psychosozialen Bereich (z.B. Entwicklungsverzögerung, Beeinträchtigung des geistigen Reifungsprozesses, Lernstörungen, Verhaltensauffälligkeiten), sowie körperliche Missbildungen.

Pränatale Schädigungen von Kindern effektiv zu verhindern ist eine der wichtigsten Public-Health-Aufgaben, die künftig ernsthaft in Angriff zu nehmen sind. Voraussetzung dafür ist auch der politische Wille, sich dieser Herausforderung zu stellen und damit stellvertretend das grundlegende Recht jedes Kindes auf Gesundheit und Wohlergehen zu wahren, denn diese intrauterine Schädigung des Kindes findet im rechtsfreien Raum statt. Obwohl schon so viele Jahre seit der Einführung dieses internationalen Tages vergangen sind, gibt es dafür keine Lobby. Spezialisten zum Thema sind ebenso rar, wie auch die Diagnose FASD eher schwierig zu stellen ist, da einige Symptome auch anderen Krankheitsbildern zuzuordnen sind. Mitverantwortlich dafür ist zudem, dass die Frage nach dem Alkoholkonsum während der Schwangerschaft einen Eingriff in die Persönlichkeit darstellt und im Sinne eines Stigmas eher vermieden wird. Auch im Kontext Schule hat FASD kaum einen Stellenwert: Oft, weil dieses Syndrom unbekannt ist und die nötigen Diagnostikmöglichkeiten nicht gegeben sind. Liegt keine gesicherte Diagnose vor, werden die Probleme und Bedrfnisse dieser Kinder missinterpretiert und sie erfahren dadurch keine adäquate Förderung. Auch beim FASD führen gezielte Maßnahmen zu deutlich mehr Aussicht auf Erfolg im Umgang mit den Einschränkungen und die Entwicklung kann besser begleitet werden.

In Deutschland und Österreich gibt es dazu Vereine, die Hilfe anbieten; in der Schweiz das Kompetenzzentrum Sucht.

Bildquelle: Illustration Flyer „null komma null für Ungeborene“