Vogel des Monats: Rohrsänger

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Rohrsaenger 00 Sumpfrohrsaenger

Vogelbeobachtung im Schilfgebiet eines Sees oder Flusses: Ein kleiner brauner Vogel klettert geschickt an einem Schilfhalm in die Höhe und singt dabei pausenlos. Sein Gesang ist etwas „kratzig“ und er reiht wiederholte Elemente aneinander. Das tönt dann wie „zick zick zick – schripp schripp schripp – uit uit uit – tiri tiri tiri –kiet kiet kiet – karr karr karr“. Daher er hat den Übernamen „Rapper des Schilfs“ erhalten. Sein richtiger Name lautet Teichrohrsänger.

Rohrsaenger 01 Teichrohrsaenger

Etwas weiter singt ein weiterer kleiner, brauner Sänger auf einem Schilfhalm oder einem Busch im Schilfgürtel. Er sieht genau gleich aus wie der Teichrohrsänger, aber sein Gesang tönt ganz anders. Wie ist das möglich? Vögel, die unterschiedlich singen, können nicht derselben Art angehören. Richtig, hier handelt es sich um den Sumpfrohrsänger.

Rohrsaenger 02 Sumpfrohrsaenger

Die beiden sind sogenannte Zwillingsarten, gleichen sich optisch fast wie ein Ei dem anderen. Aber durch ihren Gesang lassen sie sich gut unterscheiden. Der Gesang des Sumpfrohrsängers ist viel variantenreicher. Es ist ein Schwall quirlender, gequetschter, rauer und pfeifender Laute, in schnellem Tempo vorgetragen. Wenn man genau hinhört, erkennt man Elemente von anderen Vogelarten wie den Warnruf der Amsel oder das Trillern des Zaunkönigs, aber auch sehr exotisch klingende Gesangselemente. Der Sumpfrohrsänger ist nämlich ein Stimmenimitator, diese werden auch „Spötter“ genannt. Sie lernen die Gesangsmelodien von anderen Vögeln und bauen sie in ihren Gesang ein. Und weil er im südlichen Afrika überwintert, lernt er auch die Gesänge der dort lebenden für uns exotischen Vogelarten. Der komplexe Gesang des Sumpfrohrsängers kann innerhalb von zehn Minuten aus 3500 Elementen bestehen!

Rohrsaenger 03 Drosselrohrsaenger

Mit etwas Glück kann man noch einen weiteren Vertreter der Rohrsänger beobachten, den Drosselrohrsänger. Er ist etwas grösser als die beiden ersten und sein Gesang gleicht dem des Teichrohrsängers, ist aber noch viel knackiger und kratziger.
Der holländische Name des Drosselrohrsängers lautet der „Grote Karekiet“ und gibt die vielleicht typischste Lautäusserung dieses Rohrsängers lautmalerisch wieder. Der Teichrohrsänger ist bei den Holländern übrigens der „Kleine Karekiet“.

Der Gattungsname «Rohrsänger» kommt daher, dass alle diese Arten im Röhricht leben und oft und ausgiebig singen.
Der wissenschaftliche Name Acrocephalus leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet „Spitzkopf“. Damit ist ein charakteristisches Merkmal aller Rohrsänger beschrieben. Der feine spitze Schnabel geht ohne eine abgesetzte Stirn in den Kopf über, dadurch wirken sie tatsächlich „spitzköpfig“.

Rohrsaenger 04 Teichrohrsaenger Spitzkopf

Merkmale des Teichrohrsängers

Kopf, Rücken und Flügel des Teichrohrsängers weisen einen warmen Braunton auf, die Unterseite ist hell beigefarben.
Mit dem langen, spitzen Schnabel fängt er geschickt Insekten im Flug, sogar Nestlinge reagieren bereits auf vorbeifliegende Insekten.
Auffällig ist der rundliche Schwanz, allerdings ist die Rundung nicht in jeder Stellung gut sichtbar.
Da der Teichrohrsänger vor allem im Röhricht lebt und sich an vertikalen Halmen fortbewegt, sind lange, starke Beine und relativ grosse Füsse weitere Merkmale, ebenso seine lange Hinterzehe – alles gute Kletterhilfen.

Rohrsaenger 05 Teichrohrsaenger gerundeter Schwanz

Ab Mitte April kehrt der Teichrohrsänger aus dem Winterquartier in den Feuchtsavannen Afrikas zurück. Teichrohrsänger sind monogam, sie lassen sich im Gegensatz zu andern Rohrsängerarten nicht auf mehrere Partner ein. Das Männchen legt sogar ein ausgeprägtes „Hüteverhalten“ an den Tag und bewacht sein Weibchen quasi „auf Schritt und Tritt“, sodass sich kein fremdes Männchen mit ihm paaren kann.

Das napfförmige Nest, das vom Weibchen gebaut wird, ist ein kleines Kunstwerk, das an drei oder mehr Schilfhalmen aufgehängt wird. Der Nestbau beginnt meist im Mai, wenn die notwendige Vegetationsentwicklung erreicht ist. Für den Bau des Nestes werden vor allem vorjährige Schilfrispen verwendet. Das Gelege besteht aus drei bis fünf Eiern. Nach dem Ausfliegen der Jungvögel betreuen die Eltern ihre Nachkommen weitere 10 – 14 Tage, danach müssen die Jungvögel selbstständig Insekten jagen.

Rohrsaenger 06 Teichrohrsaenger Jungvogel     Teichrohrsänger, Jungvogel

Teichrohrsänger können ihre Brut verlieren durch Kälte, Wellenschlag, Überschwemmung und nicht selten durch Nesträuber wie Zwergdommel und Teichhuhn. Auch der Kuckuck spielt hier eine Rolle, gerne benützt das Kuckucksweibchen Teichrohrsänger und andere Rohrsänger als Wirtseltern und legt seine Eier in deren Nester.

Mariskenrohrsänger, Schilfrohrsänger, Seggenrohrsänger

Neben den drei beschriebenen Rohrsängern (Teich-, Sumpf-, Drossel-) gibt es in Mitteleuropa noch drei weitere, aber seltenere Rohrsänger: den Mariskenrohrsänger, den Schilfrohrsänger und den Seggenrohrsänger.
Alle sechs Arten bewohnen unterschiedliche Habitate (Lebensräume) innerhalb der Verlandungszone von Gewässern:
- Drosselrohrsänger lieben grosse Schilfflächen mit hohem Schilf
- Marisken- und Schilfrohrsänger besetzen die Gebiete mit weniger dichtem und niedrigerem Schilf.
- Dem Teichrohrsänger genügen schon kleine Schilfstreifen z.B. entlang von Flüssen und an Teichen.
- Der Sumpfrohrsänger liebt es, wenn es in der Nachbarschaft des Schilfes auch Büsche und niedriges Stauden- und Brennnessel-Dickicht gibt, denn dort baut er sein Nest.
- Der Seggenrohrsänger (kein Bild) will gar kein Schilf, sondern bevorzugt die nidrigen Seggenwiesen in Feuchtgebieten. Da solche ausgedehnten Seggenwiesen in Mitteleuropa heute selten sind, ist er auch die seltenste Rohrsängerart.

Weltweit gibt es noch viele weitere Rohrsängerarten, insgesamt sind 60 Arten bekannt.

Rohrsaenger 07 Mariskenrohrsaenger   Mariskenrohrsänger

 Rohrsaenger 08 Schilfrohrsaenger   Schilfrohrsänger

 

Rohrsaenger T

Die ausführliche Dokumentation zum heutigen Vogel des Monats für den Unterricht finden Sie hier: Rohrsänger oder in der Lehrmittel Boutique, wo das Heft auch für Nichtmitglieder kostenlos zur Verfügung steht.

Ich danke Edith und Beni Herzog herzlich für die interessanten Informationen und die wunderbaren Fotos sowie die Audio-Aufnahmen. Auf ihrer Webseite benifotos.ch sind die Bilder grösser und noch prächtiger zu sehen.


Zielgruppe: 3. - 6. Klasse
Bezug Lehrplan 21: NMG 2.1 NMG 2.3 NMG 2.4 NMG.2.6