Ein kleiner Vogel huscht im Blattwerk eines Baumes umher. Nicht so winzig wie ein Goldhähnchen, aber doch ein Leichtgewicht von nicht einmal 10 Gramm.
Es ist ein Zilpzalp, ein farblich unscheinbarer Vogel. Er fällt vor allem durch seinen Gesang auf. Als einer der ersten Zugvögel kehrt er im März zu uns zurück und gehört somit zu den Frühlingsboten im Vogelreich. Rastlos hüpft er von Zweig zu Zweig und lässt sich im März gut beobachten, da die Blätter an den Bäumen noch nicht ausgetrieben haben.
Seine Gesangsstrophe – zilp-zalp-zilp-zilp-zalp-zilp-zalp – gab dem Vogel seinen Namen. In der Schweiz wird er auch als „Münzzähler“ bezeichnet. „Chiffchaff“ heisst er auf Englisch. Die wörtliche Übersetzung der wissenschaft-lichen Bezeichnung (Phylloscopus collybita) lautet „Geldwechselnder Blattspäher“.
Der Zilpzalp gehört zur Familie der Laubsänger. Er bewohnt alle Waldtypen, sofern sie viel Unterholz oder Jungwuchs enthalten. In den Alpen kommt er bis zur Baumgrenze vor. Der Zilpzalp bewohnt aber auch Parkanlagen, Friedhöfe und Siedlungen mit grossen Gärten. Sogar in den durchgrünten Randbereichen von Städten kommt er vor.
Männchen und Weibchen sehen gleich aus. Die Oberseite des kleinen Vogels ist matt grün bis olivbraun, die Unterseite schmutzig weiss, variabel mit Gelbtönen. Er hat einen Überaugenstreif, allerdings ist er nicht stark ausgeprägt. Die Beine sind grauschwarz oder dunkelbraun. Die Flügel sind kurz und der Schwanz leicht gekerbt.
Die Bestimmung von Laubsängern ist für manchen Beobachter eine Herausforderung, sie sind gut getarnt, meistens ständig in Bewegung und verstecken sich gerne im Blattwerk und in Sträuchern.In unserer Region verwenden wir für Laubsänger einen lustigen Begriff, vor allem wenn wir die Art nicht genau bestimmen können. Dann heisst es: „Schau, ein „lbb“ (= little brown bird, zu Deutsch „kleiner brauner Vogel“)!“
Zilpzalp-Männchen treffen im Frühjahr vor den Weibchen in den Revieren ein, die Balz beginnt mit der Rückkehr der Weibchen. Das Nest des Zilpzalps liegt in Bodennähe, meistens 10–40 cm über dem Boden, beispielsweise in Sträuchern, Dornbüschen, Stockausschlägen oder Baumstrünken. Das backofenförmige Nest wird vom Weibchen aus dürren Halmen, trockenen Blättern, etwas Moos und Wurzeln gebaut und mit feineren Blättern ausgekleidet. Es hat einen seitlichen, ovalen Eingang. Das Weibchen benötigt für den Nestbau rund sechs Tage. In dieser Zeit fliegt es 1200- bis 1500-mal mit Material zum Neststandort.
Das Gelege umfasst 4 bis 7 Eier, die Jungvögel schlüpfen nach ungefähr 14 Tagen. Die Nestlinge können nach weiteren 14 Tagen schon kurze Strecken fliegen, werden aber nach dem Ausfliegen weiterhin von den Eltern geführt. Die Sterblichkeit der Vogelküken ist relativ hoch, gemäss Untersuchungen in der Schweiz und Deutschland kommen je nach Gebiet 2 bis 4 Junge pro Brut zum Ausfliegen. Zweitbruten bestehen meist aus 3 bis 5 Eiern.
Zilpzalpe fressen Insekten und Spinnen. Sie suchen ihre Nahrung häufig in Baumkronen und lesen ihre Beutetiere von Blättern ab. Sie fangen ihre Beute aber auch in kurzen Flugjagden.
Der europäische Zilpzalp ist ein Kurzstreckenzieher, er überwintert vor allem im Mittelmeerraum.Regelmässig verbringen einige Zilpzalpe den Winter bei uns, dann halten sie sich bevorzugt in Gewässernähe auf, wo sie im Uferbereich nach Nahrung suchen.
Es gibt aber auch Zilpzalpe, die weiter in den Süden fliegen. So kann man rastende Vögel im Winter auf den Kanareninseln Fuerteventura und Lanzarote finden. Wie kommen diese Vögel in der Halbwüste zurecht? Sie scheinen sich dort wohlzufühlen, suchen in Gärten mit Baumbestand Insekten, haben sich aber noch eine andere attraktive Nahrungsquelle erschlossen.
Es handelt sich um Aloe Vera, die in manchem Garten wächst und auch in grösserem Stil kultiviert wird. Diese Pflanze ist verwandt mit Liliengewächsen und wird für die Herstellung von Hautpflegeprodukten und Heilmittel verwendet.
Aus den Röhrenblüten der kerzenförmigen Blumenstände entnimmt der Zilpzalp mit dem Schnabel und der Zunge Nektar. Der Nektar befindet sich am Grunde der etwa 3 cm langen engen Blütenröhre, für den Zilpzalp unerreichbar, da er keinen «Kolibri-Schnabel» besitzt. Weil aber die alten Blüten der Aloe nach unten hängen, läuft der Nektar herab an die welken Spitzen und wird für den Vogel zugänglich.
Der Zilpzalp zählt zu den häufigsten Brutvögeln Europas. Sein Vorkommen kann gefördert werden, indem dichter, gebüschreicher Unterwuchs in Wohngebieten und Parkanlagen erhalten oder neu gepflanzt wird.
Ein Verwandter des Zilpzalps ist der Fitis (s. Bild). Man bezeichnet sie sogar als «Zwillingsarten», denn der Fitis sieht dem Zilpzalp zum Verwechseln ähnlich.
Seine Beine sind aber nicht dunkel, sondern fleischfarben. Ausserdem hat er längere Flügel – ein Merkmal für einen Langstreckenzieher. Der Fitis zieht nämlich im Winter ins südliche Afrika.
Das beste Unterscheidungsmerkmal ist natürlich der Gesang, anhand des Gesangs oder der Rufe lassen sich die „lbbs“ hundertprozentig bestimmen.
Die ausführliche Dokumentation zum heutigen Vogel des Monats für den Unterricht finden Sie hier: Zilpzalp oder in der Lehrmittel Boutique, wo das Heft auch für Nichtmitglieder kostenlos zur Verfügung steht.
Ich danke Edith und Beni Herzog herzlich für die interessanten Informationen und die wunderbaren Fotos. Auf ihrer Webseite benifotos.ch sind die Bilder grösser und noch prächtiger zu sehen.
Zielgruppe: 3. - 6. Klasse
Bezug Lehrplan 21: NMG 2.1 NMG 2.3 NMG 2.4 NMG.2.6