Ein Vogel, der lacht? Das gibt es tatsächlich und die Lachmöwe ist nicht der einzige Vogel, der das kann. Auch die Tonreihen des Grünspechts erinnern an ein Lachen, deshalb wird er sogar als „Lachender Hans“ bezeichnet.
Nun aber zurück zu den lachenden Lautäusserungen der Lachmöwe. Den wissenschaftlichen Namen erhielt die Lachmöwe wegen ihres kichernden Rufs „he-he-he-he-he“ (ridibundus = lachend). Zu ihrem Gesangsrepertoire gehören aber auch die typischen „chi-ä“-Rufe.
Lachmöwen halten sich gerne an flachen Binnengewässern (Lachen oder Pfützen) auf, was bei der Namensgebung ebenfalls eine Rolle gespielt haben könnte.
In der Schweiz sehen wir Lachmöwen vor allem in der kalten Jahreszeit an Seen, wo sie als Wintergäste ihre Shows abziehen. Bei Beobachtern sorgen sie deshalb oft für Erheiterung und Lacher. Die akrobatischen Luftspiele dieser geselligen Vögel sind eine Augenweide. Mit ihrer geschickten Flugtaktik schnappen sie den Enten zugeworfenes Brot noch in der Luft weg.
Die Bestimmung von Möwen – besonders von Grossmöwen – ist eine knifflige Aufgabe, vor allem wenn sie noch nicht ihr adultes Kleid tragen.
Die Lachmöwe hingegen gehört zu den kleineren Möwen, ihre Flugspannweite erreicht aber immerhin einen Meter. Ein charakteristisches Merkmal des adulten Vogels ist die schokoladenbraune Kopffärbung im Prachtkleid, das sie von etwa März bis Juli trägt. Mit dieser dunklen Kapuze sieht die Lachmöwe sehr attraktiv aus. Der Schnabel ist karminrot, ebenso die Beine. Auffällig ist der kleine weisse Halbmond hinter den Augen. Ihre Oberseite ist hellgrau, die Flügelspitze schwarz. Hals, Brust, Bauch und Schwanz sind rein weiss.
Im Hochsommer beginnt das Umfärben ins Winterkleid (Schlichtkleid). Die dunkle Kapuze legt sie ab – sie hat dann nur noch einen breiten, dunklen Ohrfleck.
Bei juvenilen (= noch nicht erwachsenen) Lachmöwen ist der Schnabel orangefarben mit einer dunklen Spitze, die Flügel sind braun gemustert.
Das Federkleid der Küken zeigt verschiedene Brauntöne, die den Vogel gut tarnen.
Die grössten europäischen Lachmöwen-Brutbestände findet man in Deutschland, den Niederlanden, Polen, Weissrussland, Grossbritannien und Dänemark. In der Schweiz steht die Art mit 560 bis 800 Paaren auf der Roten Liste, sie ist also stark gefährdet. Aus diesem Grund hat sie bei uns eigentlich „nichts zu lachen“. Im Winter erhalten wir Zuzug aus dem Norden, deshalb lassen sie sich dann besonders gut beobachten.
Lachmöwen brüten in Kolonien auf spärlich bewachsenen Kiesinseln von Seen, in Moorgebieten, Teichen und am Rand grösserer Schilfbestände. An Meeresküsten bevorzugen sie Salzwiesen, aber auch steinigen Untergrund. In der Schweiz ist die Lachmöwe zunehmend auf künstliche Bruthilfen wie Plattformen und Flösse oder künstlich angelegte Inseln, Molen und Dämme angewiesen. Zu schaffen macht ihr hier die Brutplatzkonkurrenz durch die Mittelmeermöwe, aber auch der Mangel an Jungvogelnahrung infolge der landwirtschaftlichen Intensivierung.
In Deutschland brüten Lachmöwen oft gemeinsam mit Fluss- und Küstenseeschwalben. Die Distanz zum Nest des Nachbarvogels beträgt oft weniger als einen Meter, mit Schnabelhieben und lautstarkem Gezeter wird das eigene Nest verteidigt. Die Brutkolonien bieten deshalb eine spezielle Geräuschkulisse!
Lachmöwen führen eine monogame Saisonehe, das heisst sie suchen jedes Jahr einen neuen Partner. Es kommt aber im Folgejahr auch zu Wiederverpaarungen, da die Vögel gerne ihre Vorjahreskolonie aufsuchen. Die Geschlechtsreife tritt mit zwei Jahren ein. Das Balzverhalten von Männchen und Weibchen ist besonders spektakulär, sie äussern dabei sogar Jauchzrufe. Allerdings sollen diese Rufe Konkurrenten auf Distanz halten. Das Balzritual beinhaltet auch Bettelpicken des Weibchens, dabei pickt es unermüdlich an den Schnabel des Männchens. Bleibt das Weibchen hartnäckig, führt dies meist zum Erfolg. Der Partner würgt Nahrung hervor und füttert das Weibchen. Das Paar festigt so seine Bindung und gleichzeitig dient die Nahrung dem Weibchen als Energieschub, den es für das Produzieren des Geleges benötigt.
Das Nest am Boden ist „einfach gestrickt“. Es besteht nur aus etwas grobem Pflanzenmaterial, Federn und manchmal auch Müllresten. Das Weibchen legt in der Regel drei Eier, manchmal auch vier. Diese werden von beiden Partnern während rund drei Wochen bebrütet. Die Küken sind Nestflüchter, bleiben aber als sogenannte „Platzhocker“ in der unmittelbaren Nähe des Nests, dort werden sie von den Eltern gefüttert und gegen Nachbarn und andere Gefahren verteidigt.
Lachmöwen sind Nahrungsgeneralisten, das heisst ihr Speisezettel ist vielfältig und setzt sich aus tierischer wie auch pflanzlicher Nahrung zusammen. Wählerisch sind sie also nicht. Sie jagen über der Wasseroberfläche Insekten, sind aber auch geschickte Fischjäger. Fische erbeuten sie mittels Stosstauchen. Dabei springen sie von der Wasseroberfläche auf und stürzen sich nachher kopfvoran ins Wasser.
Sie können aber auch von der Wasseroberfläche aus Fische fangen, indem sie mit dem Oberkörper leicht abtauchen. Oft suchen Lachmöwen Nahrung auf Äckern, vor allem wenn diese durch Landmaschinen bearbeitet werden. Dann folgen sie den Agrarmaschinen und picken Regenwürmer und Insekten auf. Dieses Verhalten zeigen übrigens auch Weissstorch, Rotmilan, Schwarzmilan und Mäusebussard. Pflügt ein Landwirt sein Feld, lassen sich manchmal grosse Ansammlungen von Vögeln beobachten, die so relativ leicht an Nahrung kommen.
Lachmöwen sind als Kulturfolger besonders in Wintermonaten auch in Stadtpärken, Hafen- und Industrieanlagen zu finden. Hier halten sie Ausschau nach Nahrungsresten, Aas und Abfällen, auch von den Menschen werden sie oft gefüttert. Nahrung suchen sie auch auf Mülldeponien. Kleinvögel und Kleinsäuger ergänzen ihren Speisezettel.
Eine besondere Art des Nahrungserwerbs ist der sogenannte Kleptoparasitismus, was bedeutet, dass sie andern Vögeln die Nahrung stehlen. Dabei verfolgen sie beispielsweise gezielt Tafelenten, Gänsesäger, Haubentaucher oder andere Vögel, die nach Fischen oder kleinen Muscheln tauchen. Sobald diese mit ihrer Beute an der Wasseroberfläche erscheinen, attackieren die Lachmöwen diese Vögel direkt oder im Verfolgungsflug und jagen ihnen auf diese Weise die Nahrung ab.
Lachmöwen sind während des ganzen Jahres gesellig, nicht nur während der Brutzeit. Der Vorteil einer Brutkolonie besteht darin, dass die vielen anwesenden Vögel Feinde eher wahrnehmen und diese gemeinsam leichter vertreiben können. Aber auch die gemeinschaftliche Nahrungssuche bietet Vorteile, da die „Informationsweitergabe“ von guten Nahrungsquellen die Zeit der Futtersuche verkürzt. Lachmöwen bilden auch ganzjährig Schlafgemeinschaften, von wo aus sie anderntags wieder ihre Aktivitäten in einzelnen Trupps starten: vom gemeinsamen Baden über die Gefiederpflege bis hin zum Nahrungserwerb. Diese Strategie trägt bestimmt dazu bei, dass die Lebenserwartung von Lachmöwen recht hoch ist. Das festgestellte Höchstalter einer Lachmöwe in Deutschland betrug 32 Jahre und 1 Monat.
Die ausführliche Dokumentation zum heutigen Vogel des Monats für den Unterricht finden Sie hier: Lachmöwe oder in der Lehrmittel Boutique, wo das Heft auch für Nichtmitglieder kostenlos zur Verfügung steht.
Ich danke Edith und Beni Herzog herzlich für die interessanten Informationen und die wunderbaren Fotos. Auf ihrer Webseite benifotos.ch sind die Bilder grösser und noch prächtiger zu sehen.
Zielgruppe: 3. - 6. Klasse
Bezug Lehrplan 21: NMG 2.1 NMG 2.3 NMG 2.4 NMG.2.6