Wer zum ersten Mal ein leuchtend gelbes Goldammermännchen erblickt, könnte meinen, es handle sich um einen entwichenen Käfigvogel.
Das Goldammermännchen trägt während der Brutzeit ein wunderschönes, gelbes Prachtkleid. Der gelbe Kopf weist nur wenige bräunliche Streifen auf. Je älter die Männchen sind, desto intensiver gelb ist der Kopf. Die Unterseite des Vogels ist satt gelb mit leicht rötlich-brauner Brust, die Oberseite braun mit dunklen Längsstreifen. Der Schwanz ist leicht gekerbt und hat einen weissen Aussenrand.
Die Goldammer gehört zu den schönsten einheimischen Singvögeln. Der zweite Teil ihres wissenschaftlichen Namens – citrinella – ist die weibliche Wortform von citrinellus = zitronengelb.
Auffällig und ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal im Vergleich zu andern Ammern ist der rostbraune Bürzel. Das Goldammerweibchen ist matter gefärbt, der Kopf schmutzig-gelb. Allerdings sehen sich Männchen und Weibchen im Schlichtkleid sehr ähnlich.
Man findet Goldammern in fast ganz Europa, doch fehlt die Art auf den meisten Inseln des Mittelmeers und Nordeuropas (z.B. Island). Die Goldammer ist damit die verbreitetste und häufigste Ammer in Europa. Sie verbringt auch den Winter bei uns. Nur die Brutgebiete nördlich des Polarkreises und in Nordsibirien werden im Winter vollständig verlassen.
In dieser Jahreszeit bilden Goldammern oft Winterschwärme von 20 bis 50 Individuen, gelegentlich bilden sich Verbände von 100 bis 400 Vögeln, ausnahmsweise sogar über 1000. Dann sind sie auch oft vergesellschaftet mit anderen Körnerfressern wie Sperlingen, Grün- und Buchfinken und suchen gemeinsam auf abgeernteten Getreidefeldern nach Nahrung. Knospen und Keimlinge ergänzen den Speisezettel. Im Winter kommen Goldammern wie andere Finkenvögel gerne an Futterstellen. Der kräftige Schnabel ist optimal geeignet, um Samen zu enthülsen.
Während der Brutzeit sind Goldammern sehr territorial. Das Männchen trägt seinen Gesang auf einer erhöhten Warte wie einer Busch- oder Baumspitze oder einem Pfahl vor. Frühestens ab Februar beginnt das Männchen zu singen, seine leicht melancholische Melodie kann man selbst noch bei grosser Mittagshitze in den Sommermonaten hören. Der Volksmund umschreibt den Gesang mit den Worten „wie wie wie wie wie hab ich dich liiieeb“.
Goldammern sind typische Heckenvögel und leben in offenen und halboffenen abwechslungsreichen Landschaften mit Büschen, Hecken, Feldgehölzen, Obstgärten, Rebbergen, aber auch am Rand von Kiesgruben und Steinbrüchen.
Nahrung suchen sie entlang von Äckern und Gräben sowie auf unbefestigten Wegen und Brachflächen.
In der Schweiz besiedelt die Goldammer nicht nur das Mittelland, sondern auch die Alpen bis auf eine Höhe von 1500 bis 1800 m. Der höchste Schweizer Brutnachweis gelang auf 1870 m!
Die Fortpflanzungszeit in Mitteleuropa beginnt frühestens Mitte April und endet spätestens Anfang August. Meistens finden zwei Jahresbruten statt, bei frühem Beginn der Erstbrut sogar drei. Die Goldammer nistet in Bodenmulden oder im Altgras, oft unter Sträuchern, in Böschungen und am Fuss von Bäumen versteckt, manchmal aber auch auf Zweigen von Sträuchern. Ihr Nest besteht aus trockenen Grashalmen und gelegentlich aus Farnstückchen, Blättern, Rindenspänen oder Moos und wird mit Tierhaaren ausgekleidet.
Das Weibchen legt drei bis fünf Eier im Abstand von einem Tag und übernimmt auch das Brutgeschäft, das Männchen bringt ihm gelegentlich Futter ans Nest. Nach 11 bis 14 Tagen schlüpfen die Jungvögel und werden vom Weibchen gehudert. Das Männchen trägt Futter herbei. Die Jungvögel werden mit Insekten und reifen, noch weichen Getreidekörnern aufgezogen.
Eine Verwandte der Goldammer ist die Zaunammer, ein sehr wärmeliebender Vogel, der bei uns gerne Rebberge besiedelt. Es ist schwierig, die Weibchen von Gold- und Zaunammer zu unterscheiden, dies gelingt praktisch nur, wenn man die Bürzelfarbe erkennt. Bei der Goldammer ist sie rostbraun, bei der Zaunammer olivgrau. Merkmale wie die Bürzelfarbe spielen deshalb bei der Vogelbestimmung eine wichtige Rolle.
Die Goldammer war einst ein allgegenwärtiger Vogel in unserem Kulturland. Noch gehört sie zu den nicht gefährdeten Arten und es ist mehr als wünschenswert, dass dies auch in Zukunft so bleibt und uns der schöne Gesang der Goldammer weiterhin erfreut.
Leider geht der Bestand der Goldammer europaweit zurück aufgrund der Intensivierung der Landwirtschaft. Negative Auswirkungen hat auch der Einsatz von Pestiziden. Zu frühe und häufige Mäharbeiten auf Wiesen und an Grabenböschungen verunmöglichen es ausserdem vielen Kulturlandvögeln, ihre Brut in der zu kurzen Zeit aufzuziehen. Ein Umdenken in der Landwirtschaft ist deshalb dringend nötig.
Die ausführliche Dokumentation zum heutigen Vogel des Monats für den Unterricht finden Sie hier: Goldammer oder in der Lehrmittel Boutique, wo das Heft auch für Nichtmitglieder kostenlos zur Verfügung steht.
Ich danke Edith und Beni Herzog herzlich für die interessanten Informationen und die wunderbaren Fotos. Auf ihrer Webseite benifotos.ch sind die Bilder grösser und noch prächtiger zu sehen.
Zielgruppe: 3. - 6. Klasse
Bezug Lehrplan 21: NMG 2.1 NMG 2.3 NMG 2.4 NMG.2.6