Vogel des Monats: der Wanderfalke

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WanderfalkeTitelbild

BirdLife Schweiz wählte den Wanderfalken zum Vogel des Jahres 2018. Dieser aussergewöhnliche Luftkünstler ist der schnellste Vogel der Welt und ein rasanter Vogeljäger. Was die Geschwindigkeit seiner pfeilschnellen Sturzflüge anbelangt, ist die Rede von 250 bis über 300 km in der Stunde. Bei der Vorstellung kann einem schwindelig werden! Er ist schneller als die meisten Autos oder Motorräder.

Der Wanderfalke fasziniert die Menschen seit prähistorischer Zeit. Der Mensch lebte damals in Höhlen am Fuss der Felsen, der Wanderfalke hoch oben in der Wand. In Ägypten wurde der Gott Horus meist mit einem Falkenkopf dargestellt.

Der stolze Vogel ist der grösste einheimische Falke, fast bussardgross, wobei das Weibchen mit seinen 900 bis 1300 g grösser ist als das Männchen. Auffällig im Vergleich mit andern Falken ist der massige Körper. Die Oberseite ist schiefergrau bis graubraun. Beim adulten Vogel zieren feine Querbänder den hellen Bauch (1. Flugbild), der Jungvogel (2. Flugbild) ist hingegen längs gestreift.

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Die Kopfplatte des Wanderfalken ist dunkel, ebenso fällt der kräftige dunkle Bartstreif auf. Der Wanderfalke hat einen mittellangen Schwanz und lange, spitze Flügel. Seine Krallen sind spitz und der Hakenschnabel zeichnet sich wie bei allen Falken durch eine Besonderheit aus: Der Oberschnabel ist hakenförmig nach unten gebogen. Links und rechts davon hat der Oberschnabel eine Zacke, man bezeichnet diese als Falkenzahn. Damit kann der Falke seine Beute mit einem Biss in den Nacken schnell töten.

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Der Wanderfalke ist der am weitesten verbreitete Vogel der Welt. Er kommt fast auf allen Erdteilen vor. Ausnahmen bilden die Antarktis, die Karibik-Inseln, Island und Neuseeland. Was das Zugverhalten unserer heimischen Wanderfalken betrifft, passt der Name Wanderfalke weniger gut. Bei uns sind sie vorwiegend Stand- oder Strichvögel, das heisst sie überwintern in der Nähe ihres Brutgebietes oder streifen regional umher. Wanderfalken aus Nordeuropa ziehen zum Überwintern nach Mitteleuropa, also auch in die Schweiz.

Die Lebensraumansprüche dieser Vögel sind relativ bescheiden. Der Wanderfalke benötigt vor allem eine gesicherte Brutmöglichkeit und freien Luftraum mit einem genügend grossen Angebot an Vögeln zum Jagen. Seine Nahrung besteht nämlich aus Vögeln bis zum Gewicht einer Ringeltaube (rund 500 g). Das deutlich grössere Weibchen schlägt auch Enten oder noch grössere Vögel.

Der Wanderfalke ist ein äusserst scharfsinniger Jäger. Wie alle Falken besitzt er ein hervorragendes Sehvermögen und eine geschickte Manövrierfähigkeit, sodass er schnell auf Positionsänderungen seiner Beutetiere reagieren kann. Er jagt fast ausschliesslich im freien Luftraum. Dabei schraubt er sich oft in grosse Höhen und wartet auf Vögel, die unter ihm entlangfliegen. Bei seinem Sturzflug auf eine Beute legt er die Flügel zusammen, fällt wie eine Bombe vom Himmel und krallt sich mit den Fängen einen Vogel. Allerdings gelingt ihm nur jeder 10. bis 15. Angriff. Vogelschwärme wie z.B. Stare haben Gegenstrategien entwickelt: Sie stieben beim Angriff auseinander und formieren sich neu; dies um den Falken oder andere Greifvögel wie Habichte zu verwirren.

Ein Wanderfalke an der Steilküste von Helgoland ...
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... rupft eine erbeutete Möwe
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Der Wanderfalke brütet in der Schweiz bevorzugt in Felswänden, einige Paare auch auf hohen Gebäuden in Städten. In Deutschland ist der Anteil der Gebäudebrüter höher. Der Vogel hat sich somit neben natürlichen Felsen sogenannte Sekundärhabitate erschlossen in Form von Industriebauten, Kraftwerksgebäuden, Hochkaminen, Funktürmen oder Kirchtürmen. Diese bieten ihm auch Ansitzwarten, von denen aus er Tauben und andere Vögel jagen kann. Nistkästen an hohen Gebäuden nehmen Wanderfalken gerne an. So brütet zum Beispiel am Kühlturm des Kernkraftwerks Leibstadt (Schweiz) seit Jahren ein Wanderfalken-Paar mit Erfolg.

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Im Nordosten Europas findet man auch baumbrütende Wanderfalken, in der baumfreien Tundra legen sie die Eier einfach in eine Bodenmulde.

Wanderfalken-Männchen beeindrucken Weibchen mit spektakulären Balzflügen. Das Männchen muss auch beweisen, dass es ein guter Jäger ist und die zukünftige Familie mit ausreichend Nahrung versorgen kann. Dabei kommt es zu akrobatischen Beuteübergaben an das Weibchen in der Luft.

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Hat sich ein Paar gefunden, legt das Weibchen ungefähr Anfang März drei bis vier Eier in die Nestmulde in einer Felswand oder in eine Nische eines Gebäudes. Das Weibchen bebrütet die Eier und wird in dieser Zeit vom Partner mit Beute versorgt. Nach rund 29 Tagen schlüpfen die Jungvögel. Das Weibchen hudert und verfüttert die vom Männchen geschlagene Beute. Später gehen beide Elterntiere auf Jagd. Die Nestlingszeit dauert 36 bis 40 Tage, danach lernen die Jungen das Beuteschlagen von ihren Eltern. Der Familienverband löst sich ungefähr Anfang August auf.

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Die ausführliche Dokumentation zum heutigen Vogel des Monats für den Unterricht finden Sie hier: der Wanderfalke oder in der Lehrmittel Boutique, wo das Heft auch für Nichtmitglieder kostenlos zur Verfügung steht.

Ich danke Edith und Beni Herzog herzlich für die interessanten Informationen und die wunderbaren Fotos. Auf ihrer Webseite benifotos.ch sind die Bilder grösser und noch prächtiger zu sehen.

 

Zielgruppe: 3. - 6. Klasse
Bezug Lehrplan 21: NMG 2.1 NMG 2.3 NMG 2.4 NMG.2.6