30 Erwiderungen an einen Buch-Snob (Teil 2)

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buch lesen 2

Hier die zweite Hälfte der vor einer Woche begonnenen Liste von Vorurteilen, bzw. die Antworten von Matt Haig darauf:

  1. Handlung ist kein Schimpfwort. Handlung ist schön. Handlung ist der alte Kriminalist, der den Fall löst. Handlung ist die Suche nach dem Sieg oder nach der Liebe. Handlung ist der Wunsch nach Aktivität, der einhergeht mit Denken, Bewegen, Lebendigsein.
  2. Blogger haben die Literaturkritiker nicht verdrängt.
  3. In kurzen Worten, Sätzen, Abschnitten, Kapiteln kann ebensoviel Schönheit liegen wie in langen. Spatzen fliegen höher als Pfauen.
  4. Literaturpreise sind das Ergebnis von sechs Personen, die sich in einem Raum versammeln und Kompromisse schliessen.
  5. Oft wird  das Buch eines Autors am meisten gelobt, für das er am wenigsten hart gearbeitet hat und auf das er am wenigsten stolz ist.
  6. Ein bestimmtes Buch zu lesen macht dich nicht intelligenter, genausowenig, wie du zu einem Van Gogh wirst, wenn du Absinth trinkst. Wie du liest ist genauso wichtig, wie was du liest.
  7. Gib nie jemandem ein schlechtes Gefühl, weil er ein Buch nicht gelesen hat. Bücher sollen heilen, nicht verletzen.
  8. Sei nicht stolz darauf, ausschliesslich realistische Bücher zu lesen. Das ist, als ob du stolz darauf wärst, keine Fantasie zu haben.
  9. Dass ein Buch als Kriminalroman erscheint, bedeutet nicht, dass der Autor es als Verkaufsschlager und Geldquelle geschrieben hat. Es könnte schlichtweg bedeuten, dass ihm Krimis gefallen.
  10. Einfachheit ist härtere Arbeit als Komplexität. Deshalb baraucht es Editoren.
  11. Amazon ist schlecht. Mag sein, ja. Aber seien wir nicht snobistisch über Leute, die Amazon nutzen, wenn wir selber beim Grossverteiler einkaufen.
  12. Hören wir auf, davon zu schwärmen, wie sehr wir den Duft von Büchern lieben. Es ist, als ob wir den Sound der Schokolade rühmten.
  13. Wenn du als Autor darüber nachdenkst, welche Art Buch du gerade schreibst, welcher "Typ" Leser davon angesprochen wird, gelingt es dir nie, deiner Fantasie freien Lauf zu lassen; du wirst in einer VIP-Falle festsitzen, in der gar nichts mehr geschieht.
  14. Das Wesentliche am Schreiben ist die Verbindung mit der Welt, mit anderen menschlichen Wesen. Wir sind kilometerweit voneinander entfernt. Wir haben keine anderen realen Mittel zur Verbindung, ausser unserer Sprache. Und die innigste Form der Sprache ist die Erzählung.
  15. Die grössten Geschichten entstammen unserem tiefsten Inneren, dem Teil, den unser Snobismus nicht erreicht, dem Teil, der das Kind mit dem Erwachsenen verbindet, das Gehirn mit dem Herzen und die Realität mit den Träumen. Geschichten sind in ihrem Wesen Feinde des Snobismus. Und ein Buch-Snob ist ein Feind des Buches.